Vom Traum zum Albtraum

Für meinen Mann und mich war schon immer klar, dass wir Kinder wollten. Gerne möglichst früh und gerne viele. Das Leben hatte andere Pläne und so verschob sich unser Kinderwunsch immer mehr nach hinten. Anfang letzten Jahres waren wir bereit und entschieden gemeinsam,  es zu probieren. Die Monate vergingen und ich wurde nicht schwanger. Ungeduldig hofften wir jeden Zyklus auf das Ausbleiben meiner Regel um dann enttäuscht festzustellen, dass es wieder nicht klappt hat. Bei anderen funktioniert es doch auch so häufig sofort? Was lief falsch? 
Die Tatsache, dass mein Zyklus nach wie vor nach dem Absetzen der Pill gerne schon mal 45 Tage lang sein kann, machte uns nicht hoffnungsvoller.
Dann im Oktober letzten Jahres:  mein SST war endlich positiv. Wir konnten und nicht fassen und ich kaufte direkt noch weitere Tests anderer Marken. Das Ergebnis war überall gleich. Zwei Tage später verspürte ich dann Unterleibsschmerzen und mir ging es nicht gut. Auf der Toilette war Blut am Toilettenpapier - ich hatte meine Regel bekommen, ein früher Abgang. 
Wir ließen uns dennoch nicht entmutigen. Probierten weiter. Im Januar hielt ich den nächsten positiven Test in den Händen. Wir hatten es schon gehofft aber konnten noch nicht testen. Zu groß war die Angst. Eines Abends als mein Mann grade auf dem Weg zum Fitnessstudio war,  wollte ich Gewissheit und machte einen Test. Die zweite Linie war sofort da. Ich rief sofort meinen Mann an, er soll bitte nach Hause kommen. Weinend lagen wir uns in den Armen und errechneten sofort im Interner den Geburtstermin... ein September Baby würde es werden. Mit dem Arztbesuch ließ ich mir Zeit weil wir privat einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften hatten und letztlich, kurze Zeit später,  einen Todesfall. Bei so viel Trauer war dennoch die Hoffnung weiter da: das Leben geht weiter und es ist in mir. Dieses Baby würde uns über die folgenden schlimmen Wochen helfen und uns wieder glücklich machen. Nach der Beerdigung machte ich einen Termin bei meiner Ärztin. Ich war bereits in der 11. Woche. 
Mein Mann durfte mich begleiten und glücklich und ängstlich warteten wir auf den Termin. 
Im Sprechzimmer wurde mir mein Mutterpass ausgestellt und ich sagte noch zu meinem Mann, ob sie nicht erstmal nach dem Baby schauen möchten bevor ich den Pass bekomme. Als wäre da so eine dunkle Ahnung. 
Sie machte dann einen Ultraschall, sah eine Fruchthöhle und unser kleines Gummibärchen und bestätigte meine Schwangerschaft. Aber dann sie sagte nichts und das brauchte sie in dem Moment auch nicht. Sie teilte uns mit, dass kein Herzschlag zu finden sei, es ihr Leid tue. Ich war wie in Trance, suchte die Hand meines Mannes der bereits vollkommen gebrochen war. 
Wie im Nebel zog ich mich an, ließ mir eine Überweisung fürs Krankenhaus zur Ausschabung geben und unter Tränen fuhren wir nach Hause. Der Mutterpass oder auch nur ein Ultraschallbild gab es nicht. 
Am nächsten Tag sind wir ins Krankenhaus. Alle waren unendlich lieb und fürsorglich. Die Ärztin nahm sich viel Zeit, klärte mich auf und am Ende entschieden wir uns für eine Ausschabung,  die noch am selben Tag gemacht werden sollte. Ich war dankbar dafür, denn es hätte nichts geändert weiter zu warten: unser Baby war tot! 
Ich war den ganzen Tag am weinen, mein Mann war an meiner Seite und unterstützte mich obwohl er selbst so voller Trauer war. 
Die Ausschabung selbst habe ich nicht mitbekommen, im Aufwachraum bin ich zu mir gekommen und direkt angefangen zu weinen und wollte mein Baby wieder haben. Es war schrecklich.
Unser Zimmer war auf der Geburtenstation. Das ist nunmal so aber wir haben den ganzen Tag beim Warten auf die OP glückliche Mütter, Schwangere und süße Babys gesehen und gehört. Es war kaum auszuhalten. Nach wie vor gönne ich jedem sein Glück. Nur kann ich es aktuell einfach nicht ertragen.
Am Abend durfte ich die Klinik verlassen, nicht mehr schwanger. Zuhause angekommen bin ich zusammengebrochen. Ich weinte unerbittlich, gehalten von den Armen meines Mannes der so unendlich stark und liebevoll für mich da ist. 
Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir diesen Verlust jemals verarbeiten und verstehen können. Die Frage nach dem Warum wird ewig bleiben. Aber wir werden dieses Baby, unser so sehr geliebtes und gewünschtes Baby, nicht verschweigen. Es hat uns zu Eltern gemacht. Wir durfte es nie kennenlernen aber es war jetzt schon unendlich geliebt. Liebe alleine reicht nur manchmal nicht aus. 
Eine Fehlgeburt sollte kein Tabuthema mehr sein. Wir möchten offen damit umgehen, den Leuten von unserem Sternchen erzählen wenn mal wieder die Frage kommt, wann wir denn endlich unsere Familienplanung angehen. Es ist unser Baby und es wird auf ewig unser Baby sein. Wenn sich mein Körper und meine Seele erholt haben, dann werden wir es weiter probieren. Es braucht viel Arbeit darin zu vertrauen,  dass auch wir eines Tages Eltern sein dürfen. Noch ist in mir die Angst, dass das nie passieren wird. Aber ich bin mit auch sicher, unser Sternchen passt auf uns auf und wird uns unterstützen und nun gehen wir jeden Tag einen Schritt nach dem anderen auf dem Weg zu unserer Heilung.
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